Oh jeh – viele Liter Schweiss flossen während dieser Zeit, mit Duftnote Antibrumm Forte und trotzdem noch Mückenstichen...
Und dann um Mitternacht bei Vollmond Scheppern und Klirren des Kaffeegeschirrs im reichlich mit Tropenpatina übertünchten etwas heruntergekommenen Bungalow oder ganztätiges grausam lautes Getöse auf ein Bungalowdach, das den ach so herbei gesehnten Schlaf nicht aufkommen liess oder eine Messe in einem Stahlschiff mit gefühlten 18 Grad Celsius und staubtrockener Luft bei einer Aussentemperatur von 33 Grad mit ca. 80 % Luftfeuchtigkeit und/oder Tauchen in einer völlig veränderten Unterwasserlandschaft, die nun mit dem vorausgegangenen Briefing überhaupt nicht kompatibel war, und...
Wer tut sich so was an? Es sind dies:
Unsere so sympathische, allwissende, umsichtig und sanft führende Rudelführerin O., die ja fast nicht mehr ohne Gin Tonic (Rp. 1 bis 2 x 1/Tag!) leben kann und immer mehr Kiemen entwickelt: Am Ende eines TG von 70 min. befinden sich in ihrer 12 l Flasche noch 140 bar (beim Start 200 bar), während der Schreibende mit noch 35 bar bei einem Startfülldruck von 235 bar auftauchte!
Weiter war dabei die in sich ruhende, lebenserfahrene Frau L., die nun vorbildlich noch langsamer isst als meine Schwägerin aus dem Bündner Oberland. L., die sich mit einigen Dutzend TG auf die (Zitat) «itinerary with pioneering and exploratory character, suitable for the medium to highly experienced adventurous divers…» eingelassen hatte und diese lange Reise auch sehr gut überstanden hat. Die interessanten Landausflüge, die sich sehr gelohnt haben, waren v. a. auch für L. ein grosser Gewinn gewesen.
Dann unsere liebe B., die nun wirklich praktisch immer alles unter Kontrolle hatte und auch stets wie eine Radioreporterin dies und jenes kommentierte. Aber cave(!): Gegen Vodka ist Frau doch nicht so geeicht wie die weitgereiste USA-Bosnierin Aida, die 35(?) Länder meist tauchenderweise intus hatte. Aber mutig ist B., die sich durch die nächtlichen Rattenbesuche im Hotelzimmer offenbar nicht aus der Ruhe bringen liess.
Den Altersdurchschnitt in dieser «(prä)geriatrischen» Taucherhorde gehörig nach unten gedrückt hat die (Sport)Lehrerin Lady M. oder anders charakterisiert der weibliche Klon des aktuellen US-Präsidenten: Beachte dazu die entsprechenden Unterwasserfotos. Ihr legendärer Felgaufzug (rückwärts) an der Zodiacaussenwand, um nach dem TG ins Boot zu gelangen, ist wahrscheinlich im ganzen Südpazifik einzigartig. Die zwei schwedischen Mittaucher haben zudem beobachtet, dass M. so wenig esse (!?).
Mit dabei war auch der unverkennbare, silberhaarige Senior Consultant der Chäserei, Herr H., welcher mir ständig die in der Kombüse gebackenen, frischen Guetzli wegstibitzte, um dann sicher die 3-4 TG pro Tag absolvieren zu können. Und im Sprüche klopfen ist ja dieser H. auch niemandem eine Antwort schuldig. Wer ihm eine Freude machen will, kreiert doch ein T-Shirt mit der Aufschrift: «without onions»
Der zweite Mann in der Gruppe war der in jeder Beziehung starke Kameramann, Hj. aus dem Fribourgischen. Also so einen korrekten, angenehmen und humorvollen Tauchbuddy habe ich praktisch noch nie gehabt. Ich war sehr gerne sein Unterwasserschatten, obwohl er nie ausscheren wollte, wenn es beispielsweise bei zunehmender Strömung in der nahen Umgebung «viel Fisch» zu erspähen gab. Schliesslich waren wir ja Rudeltaucher, das verschworene swiss team blue auf der Taka.
Zu guter Letzt nun noch A., der Schreiberling vom Jurasüdfuss, Sektor Solothurn: Minus 6 kg Körpergewicht/4 Wochen. Halt wie immer etwas wehleidig mit Darmmotilitätsunregelmässigkeiten und Hustenanfällen. Da er bekanntlich im AHV-Alter noch aus dem Leim geraten ist, benötige jener halt immer den starken Mann um ins Zodiac zu gelangen. Aber gefallen hats A. sehr gut in dieser interessanten, etwas heterogenen Gruppe, die – nota bene – viel Freud und wenig Leid vom 10. Nov. bis 8. Dez. 2019 miteinander geteilt hat.
Ankunft am Dienstag 12. 11. in Port Moresby, Hauptstadt von PNG, nach ca. 19 Std. Flug, via Singapur. Greta Thunberg sandte dem Samichlaus zum Voraus schon ein Missbilligungstelegramm; am Ende der Reise ein zweites, viel schärfer formuliertes, nachdem die zusätzlichen so zahlreichen Flugstunden hinzugekommen waren. Aber alle diese Flüge, auch in kleinen Propellermaschinen, die auf Kiesplätzen landen und starten, wie auch die Solomons Airlines mit max. 3 Maschinen in ihrer Flotte, möchte ich nicht missen. PNG ist ein riesiges Land, die Landschaft wild und abseits vom Festlandland über 1000 Inseln verstreut. Strassen, die Städte, Siedlungen und Regionen verbinden, existieren nicht. Aus dem Flugzeug sahen wir riesige Hügelketten, v. a. Dschungel und viele mäandernde Flüsse mit ausgedehnten Sumpfgebieten...
Also erreichten wir Tufi, unser erstes Tauchresort. Empfangsgebäude von «Tufi International“ war ein zerfallendes Hüttli mit ausgedehnten Lècken im Schilfdach, 1 Mann Bodenpersonal, der multi task, wirklich ALLE Funktionen, die ein Flughafen zu bieten hat, gewissenhaft ausführte. Grösste Hochachtung für diesen Mann! Auf ging‘s nun endlich ab dem 14. Nov. zum Tauchen an (wunder)schöne Tauchplätze, die nur von wenigen Tauchern besucht werden. Intakte, artenvielfältige Korallenlandschaften wurden bewundert, jedoch mit nicht so vielen grösseren Fischschwärmen, wie doch ab und zu gewünscht. Motorboote mit hilfsbereiten und fröhlichen Mannschaften fuhren uns dazu jeweils bis 1 Std. ins offene Meer hinaus. Was man auf den Fotos nicht sehen kann, war ein riesiges, sagenhaftes Chaos auf der Tauchstation, wo die Ausrüstung(en) in verschiedenen Haufen „darniederlagen“. Die Tauchstation erreicht erreichte man entweder per Land Rover älteren Jahrgangs ca. 40 Höhenmeter auf 2 baufälligen Betonstreifen vom Resort aus steil nach unten. Oder zu Fuss watete man allenfalls durch knöcheltiefe, warme Schlammpfützen, resp. –seen, aus denen man die ausschlüpfenden Malariamücken buchstäblich erahnen konnte, umso mehr es häufig (nachts) regnete. Irgendwie konnten sich die Taucher aber doch noch ausrüsten und fuhren dann manchmal mit bis zu 1 Std. Verspätung los, wenn auch noch das vergessen gegangene Trinkwasser abgemahnt worden war.
Das benachbarte Dorf brachte uns zum ersten Mal mit den Einheimischen in Kontakt, die so freundlich, ziemlich aufgestellt, neugierig, höflich und doch etwas scheu gerne mit uns handelten. «Harry Hasler» Muschelketten mit Zähnen oder Knochen als Anhänger und interessante, «pflanzliche» Textilien mit schönen und z. T. seltsamen Ornamenten in Naturfarben wurden feilgeboten. Übrigens genossen wir, wie während der gesamten Reise, täglich frische Früchte wie Papayas, Bananen, Ananas, Kokosnüsse und insbesondere Mangos, die während 24 Std. wie Manna v. a. auf einzelne Dächer krachten, so auf das des starken Mannes.
Die Gruppe flog dann zurück nach Port Moresby, wo unser Horizont während eines ausgedehnten Tagesausfluges erweitert wurde. Sowohl Stadtarchitektur und -planung, als auch PNG Kultur und Geschichtliches waren im Programm. Einerseits hochmoderne Prestigebauten – in diesem sehr armen Land – in Planung und Bau befindliche riesige neue Stadtquartiere und andererseits neben Slums mit Hütten auf Pfählen, die Villenhügel der Neureichen und Politiker mit furchterregenden Stacheldrahtzäunen, Überwachungskameras und Wachtmännern. Das Nationalmuseum und die Art Gallery waren ein Highlight: Der ganze Reichtum des Landes an Kultur und Natur sind durch tausende Exponate anschaulich verdeutlicht. In unmittelbarer Nähe befindet sich das prachtvolle zum Land passende Parlamentsgebäude, natürlich mit einer zuführenden, ungeheuer breiten, schnurgeraden Strasse, wie sich das seit den Pharaonen, Cäsaren und anderen grössenwahnsinnigen Regierenden eben gehört. Auch der Besuch des Zoologischen Garten war grandios und herrlich mit den vielen ach so schönen Orchideen, den exotischen Tieren dieses Landes, wie z. B. einer Känguruart, die auf Bäume klettert, und die wunderschönen Paradiesvögel, deren unsäglich schöne Farbenkombinationen halt nur die tropische Natur hervorbringt.
Inzwischen ist es Freitag, 22. Nov. geworden. Wir flogen nun zu den Salomoneninseln (=eigenständiger Staat) mit einmal Umsteigen in Honiara (3 Std. Flug), wo uns ein mehrbesseres Buschflugzeug nach Gizo (1 Std.) brachte. Transfer mit dem Boot – man wurde wieder mal nass – zum Sanbis Resort. Der Besitzer, ein abenteuerlicher Berner (!), der 21-jährig in Australien als Autorennfahrer sein Glück versuchte und dann später als «Geschäftsmann» mit dem Segelboot Sanbis entdeckte, dort strandete und ein kleines Tauchresort schuf. Dieses ist nun schon etwas heruntergekommen, aber sehr idyllisch gelegen und wir waren ja allein vor Ort und genossen trotz tropischer Patina auch die schönen Sonnenuntergänge. Die Taucherei war deutlich besser organisiert, die Betreuer weiterhin so freundlich, fröhlich und hilfsbereit, so dass die doch fehlenden «Fischwände» das Südseegefühl steigerten. Wieder wunderschönste Korallengärten; gelegentlich aber mit Begleiterscheinungen bestehend aus viel Plankton und Sandkörnern.
Die nächste Etappe begann in Munda (Salomonen); Transport wieder mittels eines kleinen Propellerflugzeugs. Nach stundenlangem «hanging around» kam statt unser Tauchsafarischiff, ein in die Jahre gekommener, klappriger Autobus daher, welcher neben uns 7 Schweizern, 2 Schweden, 2 Dänen, 2 Australier und 2 Amerikanerinnen auch das gesamte Tauchgepäck (Durchschnittsgewicht mehr als 30 kg/Person) zu transportieren hatte. So was von überladen habe ich noch nie erlebt. Es machte einem dann schon etwas Angst, weil der Chauffeur in der Abenddämmerung wie ein Rallyefahrer etwas zu beweisen hatte, um über Hügelzüge und durch scharfe Kurven abwärts schlussendlich ans andere Fjordufer zu gelangen. Hier, an einer baufälligen hölzerne Mole mit gefährlichen Löchern, in einem abgewrackten Hafen, lag die stählerne Taka, oder besser «Solomon PNG Master», welche nun unser liveaboard Vehikel für die nächsten 10 Tage darstellte: Essen und Tauchdeckorganisation sehr gut. Klimaanlage, rudimentäres Zwischen(sonnen)deck und Oberdeck erhält höchstens die Note 4 (beste wäre 6). Einige Tauchplätze erhielten sogar eine 3, da neben Korallengeröllhalden, die Sicht und die Fischmenge zu wünschen übrigliessen. Aber andererseits habe ich noch nie so riesige Fächerkorallen gesehen – Durchmesser schätzungsweise mehr als 3 m – phänomenal und überwältigend auch die Vielfalt der Arten und Farben der Korallen. Der Tagesablauf war wie folgt: 06 Uhr aufstehen, leichtes Frühstück und 1. TG. 2. «warmes» reichhaltiges Frühstück, Pause und 2. TG. Mittagessen, kleine Siesta, gefolgt vom 3. TG. Snacks, Pause und event. 4. TG, wenn möglich. Abendessen. Natürlich waren wir sehr gespannt gewesen auf (Zitat) “…a journey into the unknown, as no one has ever dived most of the land mass between Munda, Western Province, Solomon islands and Rabaul, New Britain, PNG…”
Aber eben, schlussendlich war diese Taucherei doch eher ernüchternd abgelaufen. Nicht so die Landausflüge zu abgelegenen Inseln und Dörfern, wo wir immer mit einer ausserordentlichen Freundlichkeit empfangen wurden und eine für uns kaum mehr bekannte Gastfreundschaft erfahren durften. Die z. T. bizarren Tanz- und Gesangsaufführungen wurden mit grosser Konzentration und Enthusiasmus vorgetragen. Auch die Demonstrationen des Handwerks und Tätigkeiten wie effektiv «steinzeitliches» Feuermachen waren faszinierend, wie auch die Schmuck- und selbstgemachte Textilweiterbearbeitung. Häufig verbunden mit herzlichem Lachen, welches dann die blutroten Lippen, Zunge und Zähne (mit Lücken) zeigten, hervorgerufen durch das sehr populäre Betelnusskauen. Dieses ist ja nicht unproblematisch und ergibt Hinweise auf das harte und teils karge Leben dieser Menschen. So sind in manchen Dörfern das Süsswasseraufbewahren und die medizinische Versorgung ziemlich schwierig. Eine Verletzung mit einer Machete am Unterschenkel, die mir gezeigt wurde, könnte entweder durch Starrkrampf oder feuchtem Wundbrand tödlich enden!
Henusodeh; am Freitag, den 6. Dezember wurde wieder ausgeschifft, nachdem die Taka viele hundert Seemeilen von den Salomonen zurück nach PNG gedampft war. Flüge Rabaul-Port Moresby-letzte Übernachtung im Airways Hotel und dann die nicht enden wollenden Flüge via Singapur nach Zürich. Nach 9 Zeitzonen zurück, Ankunft im «Winter» in Zürich – oh jeh - wo der Jetlag einzufahren begann - oh jeh!
Aber ich möchte diese wirklich lange, so interessante, spannende und abwechslungsreiche Reise mit diesen «7 Aufrechten ohne Fähnlein» (frei nach Gottfried Keller) nie und nimmer missen.
Andi W.