Der Kaffee auf der Fähre von Bergen nach Gulen erhielt eine solide „3“. Auf einer Skala von 1 bis 10, wobei 10 „ganz okay“ bedeutet. Die Shrimps aus der Tube, die im Diveresort zum Frühstück gereicht wurden, wurden optimistisch als „gar nicht mal so schlecht!“ bezeichnet, und die Snacks, die wir auf dem Weg zwischen Flughafen und Resort erstanden, wurden abends oft zur Rettung in der Not, wenn sich ein kleines Hungergefühl breitmachte. Warum Gulen trotzdem eine der besten Tauchreisen überhaupt ist, liegt sicherlich nicht am Essen – sondern an der einzigartigen, fast unbeschreiblichen Magie des Ortes.
Das Abenteuer beginnt bereits bei der Ankunft am Flughafen in Bergen, wo eine kalte Brise und die klare, trockene Luft Norwegens uns willkommen heissen. Von hier aus geht es mit einem komfortablen Reisebus zur Fähre, die uns durch die endlosen Fjorde Richtung Gulen trägt. Die Fjorde Norwegens erstrecken sich wie tiefe, smaragdgrüne Schluchten durch die majestätische Landschaft, ihre steilen, von Wolken umsäumten Felswände spiegeln sich im glatten Wasser und wirken, als wären sie von unsichtbarer Hand in die Erde gezeichnet worden, ein Anblick, der die Zeit anhält und einen Hauch von Unendlichkeit atmet. Vorfreude macht sich breit, beim Gedanken daran in dieses Gemälde einzutauchen. Unser Ziel ist Dalsøyra, ein verschlafenes Örtchen, das kaum mehr als eine Handvoll Häuser und einen kleinen Hafen umfasst. Umgeben von saftig grünen Wiesen, majestätischen Bäumen und eiskaltem Wasser, fühlt man sich sofort willkommen.
Das Diveresort, mit seiner Lage direkt am Wasser, besteht aus zwei charmanten weissen Holzhäusern: das Wohnhaus mit seinen gemütlichen Zimmern, einer warmen Stube und einer grosszügigen Terrasse, sowie das Haupthaus mit Speisesaal, Divecenter und einer weiteren Terrasse, ausgestattet mit einem Hotpot für die besonders kalten Nachmittage. Ein direkter Einstieg ins Hausriff wartet darauf, erkundet zu werden und das elegante Speedboat (böse Zungen bezeichnen es als "besseren Fischkutter") wartet darauf die Taucher auf das offene Meer zu fahren. Das Hausriff besticht mit einer Märchenhaften Algenwald Landschaft, schwärmen von Fischen und Krabben sowie unendlicher Sicht.
Das Herz eines Tauchers, beginnt allerdings erst unter der Oberfläche im kristallklaren Wasser höher zu schlagen! Unzählig ist die Liste der Tauchspots die man in dieser Region erkunden kann, bekannt vor allem für die vielen versunkenen Schiffe aus längst vergangener Zeit. Jedes Wrack ist von Legenden umwoben, von Schmugglern und verwegenen Abenteurern bis hin zu den mystischen Kraken, die angeblich aus den dunklen Tiefen emporsteigen und die Schiffe derjenigen verschlingen, die sich zu nah an die geheimnissvollen Riffe wagen.Diese Geschichten werden noch faszinierender, wenn der Dive Instructor, zugleich auch Kapitän des Resorts, seine eigenen, eher rustikalen Erzählungen ergänzt. Die Wracks sind teils erstaunlich gut erhalten und klar zu erkennen, besonders in den klaren Süsswasserschichten. Den in Gulen kann man sowohl Süss- als auch Salzwassertauchgänge machen. Sie sind oft reich bewachsen, geschmückt mit Weichkorallen und riesigen Seesternen, die die hölzernen Masten und Relings wie uralte Schätze zieren. Die Szenen, die man hier fotografieren kann, sind atemberaubend: Die ehrwürdigen Schiffe wirken riesig und doch zeitlos im Licht der Taucherlampen. Ein Paradies und zugleich Spielplatz für Taucher mit Kammeras.
Es darf mit zwei Tauchgängen pro Tag gerechnet werden, die meisten vom Boot aus. Die Mittagspause wird auf See verbracht, oft bei einer kräftigen Fischsuppe oder Gemüse mit Kartoffeln – eingenommen in der gemütlichen Enge der Bootskabine, warm eingehüllt in die Unterzieher des Trockentauchanzugs. Kaum ein Moment schweisst Tauchende so zusammen, wie dieser, wenn man nebeneinander auf der Bank sitzt, die Suppe löffelt und die Erlebnisse des Tauchgangs Revue passieren lässt. Neben den Wracks gibt es in Gulen auch Rifftauchgänge, die in ihrer bizarren Schönheit einzigartig sind: Eine skurrile Unterwasserwelt, durchzogen von Weichtieren, kräftigen Fischen und scharfkantigen Felsen, übersät mit Seesternen – ein Spektakel der Natur und ein absolutes „Muss“ in jeder Tauchkarriere. Zugegeben, die Tauchgänge können ziemlich kalt und anstrengend sein, weshalb der Lift vom Boot ein willkommener Standard für uns Taucher mit schwerer Ausrüstung ist. Die perfekte Tauchreise für bequemes Ein- und Auftauchen mit viel Equipment wie Heizwesen, Doppelgeräte und Kammeras für faule Taucher.
Und wenn der Tag voller Eindrücke langsam zur Neige geht und die Batterien für den nächsten Tag geladen werden, wartet noch ein letzte Highlight auf die Gruppe, denn mit ein wenig Glück tanzen nachts die Nordlichter über den Himmel – ein Anblick, der müde Taucher glücklich und überwältigt heimkehren lässt. Eine Reise, wie sie nur der TSK möglich machen kann, ein fabelhafter Ort, liebevolle Buddies und abenteuerreiche Tauchgänge.
12.11.24, Tabea Schlauri